Die Zielgruppe der älteren Konsumentinnen und Konsumenten wird immer interessanter für den Markt – und für mich – schliesslich wird man auch nicht jünger. Irgendwann sieht man ein, dass man als alternder Werbe-Heini nicht mehr immer mit den jungen Hüpfern hopsen muss und kann. Ist dann die Freude an der neuen alten Zielgruppe egoistisch? Nein, die ist hoch interessant und wird (noch) massiv unterschätzt.
Mag sein, dass sich die junge Generation von Facebook längst verabschiedet hat, die Alten sind noch hier. Und wie! Da wird freudig kommentiert, geliked und geteilt. Von einer solchen Auseinandersetzung mit Werbung kann man bei den unter 40-jährigen nur träumen. Dazu kommt, dass diese Zielgruppe zwei Dinge mitbringt, die für Werbung hoch interessant sind: Zeit und Geld. Hier muss ich nicht schnell und billig, hier darf es durchaus auch mal ausgiebig und teuerer sein.
Jetzt sind sie da, die Babyboomer und konsumieren jenseits der Pensionierung was das Zeug hält. Genau so erfreulich ist zudem, dass sie aller Aussicht nach noch eine ganze Weile Kunden bleiben werden – so 15 bis 20 Jahre wahrscheinlich. In allen anderen Alterssegmenten ist das eine halbe Ewigkeit in der sie vom hippen Teenager zu Familienvätern und dann zur Midlife-Krise werden. Mit komplett unterschiedlichen Einstellungen und Bedürfnissen, die sie alle fünf Jahre wechseln wie die Weite der Jeans und die Länge des Bartes. Da ist jenseits der 60 wesentlich mehr Ruhe in der Zielgruppe und die grösste Veränderung ist wohl in der maximalen Gehdistanz vom Parkplatz zum Restaurant zu suchen.
Für etliche Branchen würde sich der Umstieg auf diese Zielgruppe oder wenigstens ihre liebevolle Berücksichtigung lohnen. Hier können wir den Markt langfristig beeinflussen und eine treue Fangemeinde aufbauen. Vielleicht mit etwas langsameren und weniger preisverdächtigen Werbemitteln, die man auch versteht, wenn man nicht die Synapsen eines 15-jährigen Gamers besitzt.
Kein Einheitsbrei jenseits der 60
Nun sollte man aber sicher nicht den Fehler begehen, hier jenseits der 50er-Grenze plötzlich von einer homogenen Masse auszugehen. Auch in diesem Alterssegment gibt es die wildesten Unterschiede an Einstellungen und Lebensumständen. Von denen, die sich mit 70 fühlen wie 50 und agieren wie 40, bis zu jenen, die wirklich nicht mehr können und wollen. Aber letztlich haben wir das ja alle schon bei den Jungen gelernt: nicht die Zielgruppe sollte im Zentrum stehen, die Mission der Marke wird ihre Zielgruppe finden. Das stimmt umso mehr, wenn man eben etwas mehr Zeit hat, um sie anzusprechen und die Markengeschichte zu erzählen – einfach etwas langsamer und deutlicher.
Erfahrung mit 60+ im Tourismus
In den letzten Monaten haben wir – vielleicht hat das auch mit unserem Agentur-Alter zu tun – gleich mehrere Kampagnen in der Zielgruppe der über 60+ realisiert. Die Facebook-Kampage «Winterliebe» für Lenk-Simmental Tourismus und «Genusswandern» für die Lenk-Bergbahnen. Ganz so alt bin ich ja noch nicht, aber beide haben schon beim Realisieren Spass gemacht. Nicht zuletzt auch wegen der Modelle, die in dieser Alterskategorie einfach weniger «schwierig» sind – nicht zu finden, aber im Umgang.
Gerade hier im Tourismus sehen wir für viele Destinationen eine gute Chance, sich mit dieser Zielgruppe nicht nur im Tagesgeschäft, sondern auch in der Werbung anzufreunden. Aber auch in anderen Branchen täte vielleicht ein wenig weniger hipp-sein ganz gut. Ich habe richtig Lust gekriegt, diese Zielgruppe noch viel mehr zu bearbeiten.
Nun, bin ich ja noch recht frisch bei dieser Zielgruppe (in welchem Sinn auch immer). Kollege Benno Frick von Frick & Partner GmbH hat da wesentlich mehr (Lebens-)Erfahrung und bietet umfassende Beratung und Forschung für Marketing in dieser Generation.
Hier http://www.boomgeneration.ch sind seine Dienstleistungen zu finden.